Bedeutende Frauen Spaniens – Teil 6: Amparo Poch y Gascón

01.10.2020 - Laura Nadolski 

Autorin, Feministin, Ärztin, Pazifistin, Gewerkschafterin, Anarchistin sind nur einige der Charakteristika, die diese bemerkenswerte Frau beschreiben.

Amparo Poch y Gascón kümmerte sich nicht nur als Ärztin ihr Leben lang um das Wohl der Arbeiterklasse und um diejenigen, die ihre Hilfe am nötigsten hatten. Sie war auch als Autorin und in der Politik tätig, gründete die feministische Organisation Mujeres Libres und trug somit erheblich zur Emanzipation der damaligen Frauen bei.

 

Poch y Gascón als Ärztin

Amparo Poch y Gascón wurde am 15. Oktober als Tochter des Leutnants José Poch Segura in Saragossa geboren. Zusammen mit ihren vier Geschwistern wuchs sie in Zaragoza auf. Schon in jungen Jahren wollte sie Ärztin werden, doch ihr Vater hielt den Beruf für eine Frau nicht angemessen. Poch y Gascón setzte ihren Willen jedoch durch und studierte von 1922 – 1929 Medizin an der Universität von Zaragoza. Unter den 1400 Studenten der medizinischen Fakultät waren zu dieser Zeit nur 32 Frauen. Poch y Gascón war die zweite Frau überhaupt, die ihr Studium an dieser Fakultät abschloss - und das mit Auszeichnung in allen Fächern.

Nach ihrem Abschluss arbeitete sie einige Jahre in der aragonischen Hauptstadt und übte ihren Beruf stets mit einer feministischen Perspektive aus. So half sie vielen Arbeiterfrauen Vorurteile und Traditionen bezüglich der Mutterschaft und der Sexualität aus der Welt zu schaffen. Während ihrer ganzen Zeit als Ärztin bemühte sie sich zudem, gerade den Ärmsten und Verletzlichsten der Gesellschaft zu helfen und sie über damalige „Tabu“- Themen aufzuklären. Oft soll sie denen, die sich ihre Hilfe nicht leisten konnten, sogar die Gebühren erlassen und Medikamente umsonst gegeben haben.

Im Oktober 1935 zog sie nach Vallecas, einem Stadtteil Madrids, wo sie eine Praxis zur Behandlung von Frauen und Kindern aufmachte.

 

Poch y Gascón als Feministin

Die junge Frau veröffentlichte neben ihrer Arbeit Fachartikel zur Sexualhygiene, sexuell übertragbaren Krankheiten und Verhütung in verschiedenen Zeitschriften. Der Feminismus wurde zu dieser Zeit in die öffentliche Debatte gerückt und einige Zeitungen, wie La Voz de Aragón richteten sogar extra eine eigene Sparte dafür ein.

Ihren ersten Roman schrieb Poch y Gascón über die freie und revolutionäre Liebe, weg vom Konservativismus und den herkömmlichen Rollenbildern. Sie sprach sich für die arbeitende Frau aus, die sich ihr Leben selbst verdienen, und es in all seinen Zügen auskosten will – verheiratet oder ledig. Sie hieß die freie Liebe gut und stand der Monogamie ablehnend gegenüber, denn diese verband sie mit Kapitalismus und Privateigentum. Und auch gegenüber dem kontroversen Thema der Abtreibung positionierte sie sich. So verteidigt sie diese in Fällen, in der die Befruchtung die Folge eines Aktes gegen den Willen der Frau war. Man dürfe eine Frau nicht dazu zwingen, die Konsequenzen eines unfreiwilligen Aktes zu erleiden und vor allem nicht ein Kind großziehen zu müssen, dessen Vater sie verabscheute. Zudem machte die Autorin darauf aufmerksam, dass viele der Frauen der Arbeiterklasse zur Abtreibung auf Hausmittel zurückgreifen müssten, was oft ihren Tod zur Folge hatte, während Frauen besserer Stellung einen Arzt dafür zur Verfügung hatten.

Im Jahr 1932 schrieb Poch y Gascón das Buch La vida sexual de la mujer (das sexuelle Leben der Frau), in dem sie die Leserinnen für Angelegenheiten wie Hygiene, die weiblichen Geschlechtsorgane, Schwangerschaft, Verhütung sowie sexuell übertragbare Krankheiten sensibilisierte. Sie spricht sich außerdem für die sexuelle Freiheit und vor allem die sexuelle Befriedigung der Frau aus.

Im gleichen Jahr heiratete sie auf zivilem Weg Gil Comín-Gargallo, der ihre Ideale teilte. Die Ehe war jedoch flüchtig und hielt nicht lange.

 

Poch y Gascón in der Politik

Neben ihrer Tätigkeit als Ärztin und Autorin, war Poch y Gascón auch in der Politik aktiv. So war sie tatkräftiges Mitglied der Gesundheitsgewerkschaft des CNT (Confederación Nacional del Trabajo), einer Konföderation anarchistisch orientierter Arbeitnehmervertretungen. Ab Mitte der 1930er Jahre war sie zudem Mitglied des Partido Sindicalista, einer anarchistisch orientierten Partei, die 1932 von Ángel Pestaña gegründet worden war.

Nach dem Wahlsieg der Frente Popular im Februar 1936 gründete eine Gruppe von Pazifisten die Liga Hispánica contra la Guerra (die Spanische Liga gegen den Krieg). Sie war die spanische Abteilung des WRI (War-Resisters International) und Poch y Gascón wurde zu ihrer Präsidentin ernannt. Deren Bemühungen den Spanischen Bürgerkrieg zu verhindern, blieben jedoch erfolglos.

Zusammen mit der Dichterin Lucía Sanchez Saornil und der Aktivistin Mercedes Comaposada gründete sie noch im selben Jahr die Zeitschrift Mujeres Libres (“Freie Frauen”), die als Sprachrohr ihrer gleichnamigen Föderation fungierte. Sie diente zum Kampf für die Gleichberechtigung von Mann und Frau und die Befreiung der Arbeiterinnen.

Nach dem Beginn des Bürgerkriegs im Sommer des Jahres 1936 schloss sich Poch y Gascón als Ärztin der Miliz von Ángel Pestaña an, wo sie sich um die medizinische Versorgung an der Front kümmerte. Von November 1936 bis Mai des folgenden Jahres arbeitete die Ärztin dann im Gesundheitsministerium der Republik. In ihrer dortigen Funktion arrangierte sie die Ausreise von Kindern aus dem Kriegsgebiet nach Frankreich, Mexiko und Russland und kümmerte sich zudem um die Waisenkinder des Krieges.

Im Herbst 1937 siedelte sie nach Barcelona um und leitete dort das Casal de la Dona Treballadora (das Haus der Arbeiterin). Dort bot sie Fortbildungskurse für Frauen an, in denen Lesen und Schreiben, Sprachen, Geschichte, Wirtschaft und gewerkschaftliche Organisation gelehrt wurden. Unter ihrer Leitung versechsfachte sich die Zahl der Schülerinnen. In der katalanischen Hauptstadt bildete sie außerdem die Rettungskolonnen aus und lehrte sie über Traumatas, Blutverlust und -transfusionen.

 

Exil und Tod

Nachdem die Anhänger Francos gesiegt hatten, ging Poch y Gascón im Februar 1939 nach Frankreich ins Exil, wo sie zunächst schwarz einen kleinen Hutladen betrieb. Im Jahr 1945 siedelten sie und ihr damaliger Gefährte Francisco Sabater nach Toulouse um, wo sie im Hôpital Varsovie wieder als Gynäkologin und Allgemeinärztin tätig war. Dort versorgte sie unter anderem spanische Guerilleros, die sich gegen das Franco-Regime auflehnten.

Im Jahr 1965 wurde Poch y Gascón ein Gehirntumor diagnostiziert. Ein Jahr später schrieb sie an ihre Schwestern, um diese noch einmal zu sehen, aber sie wiesen sie zurück, als ob sie die Schande der Familie sei. Am 15. April stirbt sie dann vollkommen verarmt in Toulouse. Ihrer Beerdigung wohnten mehr als 200 spanische Exilanten bei. In Zaragoza trägt heute eine Straße und seit 2008 auch ein Ärztezentrum ihren Namen.

 

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